Bewerbungen dürfen kreativ sein, müssen aber die ihnen gesteckten Grenzen respektieren. Um richtig einzuschätzen, wo Raum für Kreativität ist, muss der Verfasser also wissen, was eine Bewerbung darf und was nicht. In diesem Artikel geht es um solche do’s und don’ts und um konkrete Beispiele, wo Kreativität möglich ist und wo sie besser unterlassen wird.
Die Grenzen einer guten Bewerbung lassen sich bestimmen, wenn man über ihren Zweck nachdenkt. Dieser ist es doch, dem Leser in möglichst kurzer Zeit klar zu machen, dass der Bewerber für eine ausgeschriebene Stelle geeignet ist. Alles, was dieses Ziel unterstützt, ist erwünscht. Alles, was diesem zuwiderläuft oder davon ablenkt, sollte ausgespart werden. Hier liegt auch der Schlüssel für den Einsatz von Kreativität in der Bewerbung. Betrachten wir einige Beispiele :
Wer ein kreatives Layout verwendet, also z. B.
- die Zeitleiste rechts platziert,
- zusätzliche Wasserzeicheneffekte einsetzt,
- Textblöcke wie in Sachbüchern oder
- grossflächigen Weissraum nutzt,
sollte sich stets fragen : Unterstützte ich damit die Lesefreundlichkeit des Dokumentes oder nicht. Die Zeitleiste sollte links sein, weil der Leser dies so gewohnt ist und sich so schnell im Dokument zurechtfinden wird. Wasserzeicheneffekte mögen hübsch aussehen, aber verwirren den Leser leicht und lenken vom Inhalt ab. Besser darauf verzichten ! Abgetrennte Textblöcke im Sachbuchstil könnten zur Übersichtlichkeit beitragen und daher ein wirksames Mittel sein. Weissraum ist hilfreich, wenn er die Abschnitte und Unterabschnitte voneinander abgrenzt und ein Diagonallesen ermöglicht. Er ist kontraproduktiv, wenn er das Dokument übermässig in die Länge zieht oder sogar dazu führt, dass innerhalb von vier Seiten nicht mehr genügend Raum für fachliche Inhalte ist.
Am meisten Aufwand wird üblicherweise in das Design eines Bewerbungsdossiers investiert. Unzählige Internetseiten bieten entsprechende Vorlagen an, die z. T. von Grafikdesignern gestaltet wurden. Tatsächlich könnte ein gutes Design zu einem Hingucker werden. Aber nur ein Design, das nicht nur reine Dekoration ist, dient der Bewerbung. Ein solches Design unterstützt das Layout, die Anordnung und Präsentation der Inhalte und damit die Lesefreundlichkeit. Pompöse Designs und auch solche, die weit über die durchschnittlichen Fähigkeiten eines Bewerbers hinausgehen, wecken eher Zweifel : Ob das Design wirklich aus seiner eigenen Feder stammt, und noch wichtiger : Ob eine solch aufwendige Verpackung nicht darüber hinwegtäuschen soll, dass die Kompetenzen des Bewerbers eher durchschnittlich sind.
Kreative Farben sollten im Normalfall unterlassen werden, weil sie nichts zum Inhalt oder zur Lesbarkeit der Bewerbung beitragen. Viele Bewerber fühlen sich trotzdem verleitet, die Bewerbung in “ihrer” Farbe zu gestalten, weil sie sich mit rot, pink oder grün besonders gut identifizieren. Aber eine Bewerbung ist kein Symbol der eigenen Identität wie ein Schmuckstück, ein Accessoire oder ein bestimmter Stil, sich zu kleiden. Sie ist eine schriftliche Argumentation der eigenen Stellentauglichkeit. Daher sollte dieses Dokument in den leserfreundlichen, sachlichen Farben Blau, Schwarz und Grau gehalten werden, um nicht als “verspielt” wahrgenommen zu werden und in Frage zu stellen, ob der Bewerber tatsächlich für den Leser und nicht nur für sich selbst schreibt.
Formulierungen im Lebenslauf dürfen kein Selbstzweck sein. Wenn Sie versuchen, komplizierte Sachverhalte, kompliziert erscheinen zu lassen, um sich als Experte zu beweisen, dann geht dieser Schluss sehr schnell nach hinten los. Denn, ob Sie tatsächlich ein Experte sind, lässt sich dann nicht nachprüfen und in jedem Fall, “verlieren” Sie die meisten Leser. Wenn Sie umgekehrt auch für ein Publikum schreiben, das nicht vom Fach ist, dann ist das ein klares Plus. Denn je verständlicher eine Bewerbung ist, umso leichter können die verschiedenen am Bewerbungsprozess beteiligten Personen zugunsten der Bewerbung entscheiden.
Sehr gute Formulierungen im Anschreiben, die sachlich und respektvoll bleiben und im Sprachniveau nicht zu kollegial werden, sind ebenfalls ein Plus. Denn in diesen Grenzen werden sie dem Leser, der oft täglich mit einer Vielzahl von austauschbaren Bewerbungen konfrontiert ist, eine willkommene Abwechslung bieten. Ausserdem zeugen sie von den sprachlichen Qualitäten des Bewerbers, die in den meisten Berufen zum Anforderungsprofil der Stelle dazugehören.
Kreativ-Formate wie Bewerbungsvideos sind niemals ein Ersatz für eine schriftliche Bewerbung, können aber eine interessante Ergänzung sein. Allerdings stellt ein solches Bewerbungsvideo besondere Anforderungen an den Sprecher, da die Leser professionelle Sprecher aus ihrem täglichen Medienkonsum gewöhnt sind. Wer mit einem kurzen Video jedoch professionell Zusammenhänge aus dem eigenen Werdegang oder dem eigenen Fachgebiet gut verständlich darstellt, wird sich von den Mitbewerbern positiv abheben und in den Augen der Leser punkten.
Humor sollte in einer Bewerbung zumeist unterlassen werden. Zum einen wird er nicht bei jedem Leser ankommen und zum anderen stellt er die Ernsthaftigkeit des Bewerbers in Frage. Denn obwohl eine humorvolle Art am Arbeitsplatz von Vorgesetzten und Kollegen meist geschätzt wird, werden sich die Leser sofort fragen : Will der Bewerber uns unterhalten oder von seinen Qualitäten überzeugen ? Eine Ausnahme bilden Kreativberufe, wie z. B. auch Journalismus, Lektorat oder andere kreative Schreibberufe. Hier darf ein Anschreiben durchaus als Schriftprobe des begabten Verfassers herhalten und könnte auch z. B. mit einem Augenzwinkern geschrieben sein.
Individualisierungen von Bewerbungsunterlagen, wie z. B. Zitate und Leitsprüche oder überdimensionale Fotos, mitunter sogar ganze Fotostrecken sollten unbedingt unterlassen werden. Zitate sind ein probates Mittel, um literarisch, evtl. auch journalistisch in ein Thema einzuführen, aber eine Bewerbung sollte sich an die Fakten eigener Berufserfahrungen und Kompetenzen halten. Wer mit möglicherweise nicht passend gewählten Zitaten einen Akzent setzen will, geht das grosse Risiko ein, den Leser bereits auf der ersten Seite zu verlieren. Wer jedoch persönliche Akzente durch klug gewählte und thematisch passende Fakten setzt, wird echte Aufmerksamkeit gewinnen. Seine wirtschaftsinformatischen Kompetenzen könnte ein Bewerber so z. B. durch das private Betreiben eines Bitcoin-Clients dokumentieren.
Bei manchen Berufen, z. B. Grafik- oder Kommunikationsdesignern, Pressesprechern, Social Media Managern, Schauspielern oder Redakteuren ist Kreativität Teil des Anforderungsprofils. In diesem Fall wird eine Bewerbung auch wie bereits erwähnt gleichzeitig eine Arbeitsprobe sein und nicht nur auf Inhalte überprüft werden, sondern auch als Werk betrachtet werden.
Ein Grafikdesigner sollte also möglichst eine Bewerbung präsentieren, die die eigenen Fähigkeiten als Designer darstellt. Ein Schauspieler könnte ein Videoformat zumindest als Ergänzung zur schriftlichen Bewerbung verwenden. Und ein Texter sollte eine Bewerbung präsentieren, die ausgezeichnet formuliert ist und seine Fähigkeiten, mit Sprache umzugehen, unter Beweis stellt.
Fazit : Vergessen Sie nie Sinn und Zweck Ihrer Bewerbung und denken Sie an Ihre Leser. Benutzen Sie Ihre Kreativität, um eigene Fähigkeiten darzustellen und diese dem Leser möglichst schnell zu vermitteln. Kreativen Ideen im Bereich Layout, Sprache und Inhalte, die diese Ziele unterstützen, sind willkommen. Kreativität, die nur dazu dient aufzufallen, sollten Sie unterlassen.